Warum Elektromobilität  in Österreich läuft

AustriaTech, Quelle: E-Control

ELECTRIC WOW / 26.05.2025.

Warum Elektromobilität in Österreich läuft

Posted by: Redaktion

Gastbeitrag: Philipp Wieser leitet OLÉ – Österreichs Leitstelle für Elektromobilität bei der Bundesagentur AustriaTech und beschreibt für electric WOW das hiesige Ladenetz.

Das Ladenetz in Österreich zeigt, wie ein Zusammenspiel aus Staat und Verwaltung, Industrie und Betreiber sowie Kunden und Nutzer erfolgreich funktionieren kann! Wer heute noch behauptet, mit einem Elektroauto bliebe man zwangsläufig liegen, ist entweder nicht ausreichend informiert oder sitzt am Stammtisch. Tatsächlich ist Österreich mittlerweile eine der europäischen Vorreiterinnen beim Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur – nicht nur in den Städten, sondern auch in den Regionen. Der Erfolg dahinter: Das Netz wächst nicht nur schnell (auf Basis von Anzahl und Leistung), sondern auch gezielt und bedarfsorientiert.

Vom Weinviertel ins Mürztal

Nehmen wir zwei Beispiele, die den Fortschritt anschaulich zeigen. Das Weinviertel war in unseren Analyse-Visualisierungen lang als weiße, ladeinfrastrukturarme Region bekannt. Heute verfügt es über eine flächendeckende, solide Basis an Ladeinfrastruktur. Das Förderprogramm LADIN – speziell entwickelt für unterversorgte Gebiete und ein großer Erfolg – wird schon bald weitere verbleibende Nadelöhre von der Karte verschwinden lassen. Und das untere Mürztal? Noch vor wenigen Jahren eine Lade-Wüste, ist es 2025 einer der Hotspots insbesondere für Schnellladeinfrastruktur am Weg vom Norden in den Süden. Inzwischen gibt es über 27.000 Ladepunkte in Österreich mit einer theoretischen Gesamtleistung von knapp 1,4 Gigawatt – ein auch für uns abstrakter Wert, der jedoch im Jahresvergleich beeindruckend ist: In nur zwölf Monaten kamen über 400 MW neu dazu, in den letzten 24 Monaten gar 800 MW. In anderen Worten: 60 Prozent der aktuellen Ladeleistung wurden erst in den letzten zwei Jahren installiert. Damit können wir optimistisch bleiben, dass die Geschwindigkeit des Ladenetz-Ausbaus mit der stark wachsenden BEV-Flotte mithalten wird (in den ersten Bundesländern liegt der BEV-Anteil bei Neuzulassungen schon bei über 5 Prozent).

Mehr Leistung oder mehr Ladepunkte?

Österreich hat in den vergangenen Jahren einen pragmatischen Ansatz gewählt und auf durchdachte Förderprogramme und verbesserte Rahmenbedingungen gesetzt. Durch LADIN, das gezielt Lücken schließt, wurden über 250 neue Schnellladepunkte in den Regionen gefördert und die Maximaldistanz zum nächsten Schnelllader hat sich um 20 Kilometer verbessert. Wir setzen als Leitstelle weiterhin auf gezielten Ausbau, damit alle Österreicher für alle Ladeszenarien – vom Langsamladen bis zum Ultraschnellladen – eine Ladesäule erreichen werden. Um den Schritt von den Early Adoptern zur batterieelektrischen Mehrheit zu schaffen, braucht es weiterhin alles: ultraschnelle 350-kW-Lader und smarte langsamere Lösungen für längere Standzeiten und Einkäufe. Die Zukunft liegt nicht nur in mehr Ladepunkten, sondern in der klugen Verteilung der Ladeleistung pro Fahrzeug und Region. Der Mix macht den österreichischen Erfolg im Ladenetzausbau aus, was unser laufendes Monitoring der EU-Ladeinfrastruktur-Daten auch beweist: Österreich bleibt einer der wenigen Staaten, der bei allen Ladeleistungs-Kategorien über dem EU-Schnitt liegt. Laternenladen für Stadtbewohner, Schnelllader beim Nahversorger, HPC-Laden an Autobahnen und Schnellstraßen für Transit und Urlaub: Ein ausbalancierter Ausbau für alle öffentlichen Ladeszenarien hat sich bewährt.

Vorgaben und Rechtsrahmen

Uns als Leitstelle ist es wichtig, die Zielsetzungen & Vorgaben, insbesondere der AFIR-Verordnung, nicht als Hürde, sondern als Chance und Wegweiser für eine vollelektrifizierte Zukunft zu sehen (und zu kommunizieren). Die AFIR bringt stark verbesserte Bezahlmethoden, Preistransparenz und Verlässlichkeit beim Schnellladen auf den Hauptverbindungsstrecken. Dass mit der AFIR auch Standards für Daten und damit Planbarkeit und Vergleichbarkeit ins System kommen, begrüßen wir sehr. Für Österreich werden die in der AFIR definierten Distanzziele für Pkw nicht ambitioniert genug sein – es wird direkt auf den Autobahnen stark über die AFIR hinaus gebaut werden müssen. Um den weiteren Ausbau zu ermöglichen, muss die aktuell geltende Einschränkung der Flächennutzung am ASFINAG-Netz geklärt werden. Nur so kann auch an Rastplätzen eine bedarfsgerechte, nutzerfreundliche Ladeinfrastruktur entstehen. Wir begrüßen, dass eine rasche Lösung im Regierungsprogramm der neuen Bundesregierung verankert ist.

Fazit und Ausblick

Noch braucht es Anpassungen im Rechtsrahmen sowie fokussierte Unterstützung durch Programme wie LADIN – und besonders konsequente Kommunikation über die Qualität und Verlässlichkeit des Ladenetzes, insbesondere für jene, die noch kein BEV fahren. Österreich ist auf einem guten Weg, weiterhin eines der vielseitigsten und zugänglichsten Ladenetze Europas anzubieten. Doch mit dem erfolgreichen Ausbau des Pkw-Netzes beginnt die nächste Mammut-Aufgabe: Die Elektrifizierung des Straßen-Schwerverkehrs kommt rasch auf uns zu – und die Anforderungen an Platzverfügbarkeit, Netzauslastung und Business-Case-Planung sind enorm. Dafür werden wir alles brauchen, was wir im bisherigen Netzausbau gelernt haben – und mehr! Mit gemeinsamer Anstrengung und gutem Zusammenspiel aus nationaler und EU-Verwaltung, Leitstelle & Industrie wird uns auch dieses Infrastruktur-Projekt gelingen!